06.09.2021 – Gesundheitsminister Jens Spahn hat bei einer Diskussion mit den katholischen Krankenhäusern und dem Deutschen Caritasverband (DCV) die Trägervielfalt in der deutschen Krankenhauslandschaft gelobt. Am 23. August 2021 hatten der kkvd und der DCV Bundespolitiker:innen zu einer online übertragenen Veranstaltung über die Krankenhauspolitik der Zukunft eingeladen.
„Ich habe in dieser Pandemie einmal mehr die Trägervielfalt schätzen gelernt“, betonte der Minister in seinem Eingangs-Statement. Nach den Worten des Ministers haben sich rein staatliche oder rein private Gesundheitssysteme in anderen Ländern nicht als robust erwiesen.
Das Besondere herausarbeiten
Zur Trägervielfalt sagte Jens Spahn weiter: „Es tut der Krankenhauslandschaft gut, auch das Besondere der katholischen Einrichtungen. Und ich kann nur dafür werben, dass die unterschiedlichen Träger auch das Besondere herausarbeiten“. Dazu gehörten Unterschiede im Alltag, in der Herangehensweise und Angebote, die es zusätzlich gibt.
Gleichbehandlung für Kliniknetzwerke gefordert
Der Gesundheitsminister diskutierte im Anschluss mit Ansgar Veer, kkvd-Vorstandsmitglied und Hauptgeschäftsführer der St. Bonifatius Hospitalgesellschaft Lingen, über die Weiterentwicklung von Kliniknetzwerken. Dazu sagte Veer: „Ich vermisse manchmal auch die Zusage, dass Krankenhäuser, die sich in einer Netzwerkstruktur mehrerer kleiner Krankenhäuser zusammenfinden, sich eine Aufgabenteilung auferlegt haben und zusammen eine Schwerpunktversorgung bilden, in der Finanzierung so angesehen werden wie ein Großversorgungs-Krankenhaus mit 800 oder 1.000 Betten an einem Standort“. Schon heute arbeiteten 85 Prozent der katholischen Krankenhäuser in Verbünden, erläuterte Ansgar Veer weiter.
Zum Konflikt um die Pflegepersonaluntergrenzen und die Pflegepersonal-Regelung 2.0 (PPR 2.0) sagte der Gesundheitsminister, es sei nicht sinnvoll eine Übergangslösung durch eine andere zu ersetzen. Ein wissenschaftlich fundiertes Instrument zur Personalbemessung soll 2025 einsetzbar sein. Bis dahin sollte aus Sicht der Kliniken die PPR 2.0 als Interimslösung genutzt werden, da sie das Personal am tatsächlichen Pflegebedarf der Patient:innen bemisst.
Seele, Geist und Körper berücksichtigen
Mit Blick auf das Besondere in katholischen Kliniken verwies Veer darauf, dass das Wort „katholisch“ aus dem Griechischen übersetzt „allumfassend“ bedeutet. „Das heißt, wir berücksichtigen nicht nur Fragen der somatischen Gesundheit, sondern Seele und Geist und Körper. Dabei geht unsere Sorge nicht nur an Patienten, sondern auch an Angehörige. Es geht darum, sich wohlzufühlen im Krankenhaus soweit das geht.“
Leistungserbringer zur Gemeinwohlorientierung verpflichten
In der anschließenden Diskussion der Fach-Abgeordneten aus dem Bundestag mahnte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Maria Klein-Schmeink: „Ich glaube dieses ‚Weiter so‘ geht nicht. Wir haben so massive strukturelle Problem, dass wir sie auch strukturell angehen müssen und das wissen wir eigentlich auch schon seit über einem Jahrzehnt“. Sie sprach sich daher für eine grundlegende Reform aus, die die öffentliche Daseinsvorsorge in den Fokus rückt und im Rahmen der Trägervielfalt alle Leistungserbringer zur Gemeinwohlorientierung verpflichtet. Für die Krankenhausplanung forderte die Abgeordnete bundesgesetzliche Grundsatzvorgaben.
Ausufernde Regelungswut führt zu Problemen
Der stellvertretende kkvd-Vorsitzende Ingo Morell äußerte sich skeptisch zu Vorgaben vom Bund: „Je mehr wir von der Bundesebene detaillierte Vorgaben bekommen, je weniger können wir vor Ort wirklich flexibel reagieren“. Er kritisierte zudem eine ausufernde Regelungswut bis ins Kleinste, die in der Praxis zu Problemen führe. Dazu gehören laut Morell auch statische Personalvorgaben, die die Realität im Arbeitsalltag nicht abbilden.
Zuwendungsmedizin hat gelitten
„Gesundheit wird nicht mehr nur als Kostenfaktor wahrgenommen“ so formulierte Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss, eine Lehre aus der Pandemie. Mit Blick auf längere Entwicklungen kritisierte er, dass die Zuwendungsmedizin gelitten habe: „Wir sind keine Reparaturanstalten, egal wo die Krankenhäuser verortet sind. Es sind Orte, wo Menschen krank sind und Zuwendung sowie seelischen Beistand brauchen.“ Schließlich mahnte der Abgeordnete, das Gesundheitswesen können nicht länger im Silo-Denken zwischen dem ambulanten und stationären Sektor verharren.
Schulterklopfen reicht nicht
Zum Einstieg hatten DCV-Präsident Dr. Peter Neher und der kkvd-Vorsitzende Theo Paul in das Thema der Veranstaltung eingeführt. Neher forderte, bei der Krankenhausfinanzierung die Vorhaltekosten für Personal und Infrastruktur zu berücksichtigen, um langfristig eine flächendeckende Versorgung zu sichern. Theo Paul sagte mit Blick auf die Arbeitsbedingungen in der Pflege, es dürfe nicht nur Schulterklopfen und Empfehlungen geben. Verbesserungen müssten nachhaltig im Alltag der Pflegekräfte ankommen.
Die Veranstaltung wurde von Eva M. Welskop-Deffaa, Vorständin Sozialpolitik des DCV, und der kkvd-Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin moderiert.